Anja und ihre Mutter (Muschka) in London

oder "Wege, Rückwege und Irrwege"

 

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02.02.02            

 

Am 26. Januar 2002 um 11 Uhr ging es los in Richtung London. Nun, zunächst einmal erst in Richtung Hamburg. Der Bus vom ZOB Berlin fuhr pünktlich los und wir erreichten ebenfalls pünktlich um 14 Uhr Hamburg. Natürlich immer noch zu früh, aber da der Busbahnhof in Hamburg gerade umfassend umgebaut wird, irrten wir sowieso noch ein wenig umher, um die Haltestelle für die Rückfahrt auszukundschaften. Wir hatten auch noch Zeit für eine leckere Zwischenmahlzeit bei MacDonalds. Abgefüttert mit BigMäc und Chicken MacNuggets winkten wir uns ein Taxi heran, das uns zur Englandfähre bringen sollte.

Bei der DFDS Seaways angekommen setzte ich Muschka mit dem Gepäck an einem Aschenbecher ab und holte unsere Bordkarten. Das überfreundliche Lächeln der Damen am Counter hätte mir schon sagen sollen, dass diese Reise unter keinem guten Stern stand. Da wir die einzigen Passagiere der Fähre waren, die eine Weiterfahrt nach London gebucht hatten, war kein Reisebus von Harwich zum Hotel gebucht worden. Wir sollten stattdessen am Bahnhof ein Bahnticket nach London kaufen. Liverpool Street Station sollte uns unser Reiseleiter Dieter in Empfang nehmen, unsere Auslagen erstatten und uns zum Hotel bringen. Die Aussicht, mit der Bahn Liverpool Street Station anzukommen, machte mir diese Änderung des Reiseverlaufes dann doch schmackhaft. Zum Glück kenne ich den International Port von Harwich inzwischen gut genug um zu wissen, dass mich diese Modifikation nicht wirklich erschreckte, denn der Zug und die Busse stehen direkt nebeneinander.

Wir sind dann nach unterhaltsamer Wartezeit - man glaubt nicht, was und wen man alles in der Wartehalle zu sehen bekommt - endlich an Bord der Admiral of Scandinavia angekommen und haben unsere Kabine in Besitz genommen. Nett klein, besonders die Dusche. Ich hatte bei der ersten Inaugenscheinnahme das Gefühl, am besten auf der Toilette sitzend duschen zu können, mehr Raum schien in der WC-Dusch-Kombination nicht vorhanden zu sein.

Aber wer braucht schon eine Kabine, wenn S*H*O*P*P*I*N*G das Zauberwort ist. Nach dementsprechenden Erkundungen und einem Drink in der Admirals Bar zogen wir uns aber doch die heimelige Atmosphäre unserer Kabine zurück. Ein bisschen würfeln, lesen, Kreuzworträtsel lösen und sich dann von der Nordsee sanft in den Schlaf schaukeln lassen, genau das macht diese Route nach England so angenehm.

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Am nächsten Morgen war der Seegang doch deutlich zu spüren, was unseren Appetit beim Frühstücksbuffet jedoch in keiner Weise minderte. Glücklich in Rührei mit Speck und Bohnen und eigenen Kreationen wie Ananas und Melone mit Hüttenkäse schwelgend war es uns ein Bedürfnis, den Preis für das Frühstück auch abzuessen.

Bis wir endlich in Harwich anlegten waren noch mal Shopping und "Ruhen" angesagt. Wieder runter vom Schiff, den Ticket-Schalter gesucht, zwei Einfach-Tickets nach London gekauft und an den Schienenersatzverkehr verwiesen worden. Bahnstreik in England. Danke auch.

Der Bus hielt sich natürlich an die von der Bahn vorgegeben Zeiten und fuhr erst um 13.42 Uhr los. Stau hinter Colchester verlängerte unsere Fahrzeit zusätzlich. Als wir endlich Liverpool Street Station ankamen befürchtete ich schon, Dieter wäre wieder gegangen. Aber er nahm uns freudestrahlend in Empfang und erklärte, er hätte gedacht, uns verpasst zu haben, bis er mich entdeckte. Da wusste er, dass wir seine Schützlinge sind, denn wir kannten uns bereits von früheren Reisen. Er schleppte uns und unser Gepäck raus und verfrachtete uns in ein Taxi, was Muschka besonders freute, da sie mit einem Londoner Taxi noch nie gefahren war.

Jedenfalls wurden wir direkt vor den Hoteleingang chauffiert, checkten ein und erhielten ein wunderschönes großes Zimmer, von dem aus wir sogar die Bayswater Road und Kensington Gardens sehen konnten. Natürlich hielt es uns hier nicht allzu lange. Ab in den 12er bis zur Westminster Bridge, Big Ben anhimmeln und nach den Öffnungszeiten des Riesenrades gucken. Letzteres hatte Winterpause und öffnete am nächsten Tag zum ersten mal wieder. Wir sind dann mit dem Bus zurück zur Oxford Street und diese hochgelaufen bis Marble Arch. Hier hatte ich auf dem Hinweg ein kleines Sainsbury's entdeckt, in dem wir uns mit Abendbrot und Getränken eindeckten, worüber wir uns, zurück im Hotel, hungrig und durstig hermachten. Zu Muschkas Leidwesen beendete ich den Abend mit Fernsehen.

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Unser Kontinentales Breakfast bestand aus englischen Brötchen und Croissants mit Marmelade, kein Vergleich zum Schiff oder dem, was ich aus den B&B's gewohnt bin. Aber man wird satt und das ist erst mal das wichtigste. Natürlich enterten wir unseren Bus der Linie 12 und fuhren Richtung Big Ben, um uns in die Schlange vor dem London Eye einzureihen. Nur dass da gar keine Schlange war und wir Tickets für sofort bekamen. Ein Erwachsener und ein Senior. Gewöhnungsbedürftig.

Die Fahrt mit dem Riesenrad als solches ist natürlich ein Erlebnis. London von oben, Big Ben und Houses of Parliament im Streichholzschachtelformat. Die Themse, St. Paul's und überhaupt. Es ist überwältigend. Als wir, nach einer guten halben Stunde Fahrt, wieder am Boden angekommen waren und unser Erinnerungsfoto käuflich erwerben wollten, ging der beginnende Nieselregen in Sturmböen über. Damit wurde uns die Entscheidung abgenommen und wir rannten die paar Schritte weiter ins Aquarium. Auch hier, wie beim Riesenrad, Superlativen. Die Ozeanbecken, Atlantik mit Aalen und Rochen, Pazifik mit Haien, sind einfach beeindruckend. Auch die kleinen Becken beherbergen faszinierende Fische und das Streichelbecken mit den Rochen ist nicht nur bei den kleinen Besuchern ein Renner. Im Andenkenladen konnten wir uns gerade noch zurückhalten und langsam bekam ich Appetit, wenn nicht sogar ein wenig Hunger. Wir kehrten also per Bus zum Trafalgar Square zurück und dort bei Garfunkel's ein.

Gesättigt ging es zu Fuß weiter, Strand hinunter in Richtung Covent Garden. Zu meiner großen Freude fanden wir dort ein Streich-Querflöten-Quartett vor und ich genoss Ravel und Pachelbel gemischt mit Filmmusik. Mich großspurig auf meinen Orientierungssinn verlassend machten wir uns querstadtein auf den Weg zurück zum Piccadilly Circus. Ich verirrte mich jedoch hoffnungslos, bis wir, staunend durch China Town und Soho wandernd, die Tottenham Court Road Ecke Oxford Street erreichten und ich mich wirklich wieder auskannte. Ein kleiner Einkauf bei Virgin's brachte mir drei neue DVD's und wir setzten uns in den Bus nach Hause. Nur ein kleiner Zwischenstop bei Sainbury's am Marble Arch für Selter, Pimms und Kuchen, dann konnten sich unsere müden Füße im Hotel erholen.

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Für Dienstag stand Madame Tussaud's auf dem Programm. Das Wachsfigurenkabinett ist immer wieder einen Besuch wert, was Muschka inzwischen auch bestätigen kann. Ganz besonders die Swinging London Tour am Ende, die den krönenden Abschluss nach Prominenz und Schaurigkeit darstellt. Überrascht war ich von der Blutrünstigkeit meiner Mutter, die begeistert durch die Gruselabteilung marschierte (während ich mir vor Angst mal wieder ins Hemd gemacht habe...). Zurückhaltung war auch hier im Andenkenladen angesagt.

Ein kleiner Abstecher zur Baker Street 221 b und Sherlock Holmes und eine Zigarettenpause im Regents Park, schon ging es weiter, diesmal mit dem 15er zum Tower. In den Tower selber sind wir nicht reingegangen, nur wieder einmal außen herum zur Tower Bridge, die für den Verkehr gesperrt und selbst halb offen war. Im Tower-Café gönnten wir uns einen Café Latte, der nicht nur für englische Verhältnisse sehr gut war. Gemütlich beendeten wir die Umrundung des Towers und fuhren mit dem 15er bis Paddington. Kurz rein ins Post Office und weiter ging's, mit dem 23er zum großen Sainsbury's, Ladbroke Grove. Bepackt mit Lebensmitteln im Wert von fast £ 100 brachte uns der 23er zurück nach Marble Arch. Hier bekam ich das von meiner Freundin Imke auf die Wunschliste gesetzte Buch bei Sussex Stationeer's, so dass uns nur noch die Rückkehr zum Hotel bevorstand. Dann hieß es wieder: Fernseher an und Füße hoch.

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An meinem Geburtstag schliefen wir etwas länger und genossen den selbst gekauften Hähnchenbrust-Aufschnitt zum Frühstück. Unser Tagesplan sah einen Ausflug nach Greenwich vor, der, wie sollte es anders sein, Westminster Bridge (am Big Ben) starten sollte.

Wir fuhren um 11.20 vom Westminster Pier aus los, nachdem wir voller Wonne Big Ben 11 Uhr schlagen hörten. Das ist eine Glocke!

Zwanzig Minuten nach zwölf erreichten wir Greenwich und spazierten dort zwei Stunden herum. Natürlich überquerten wir auch den Null-Meridian, wenn uns auch nicht ganz bewusst war, wo genau.

Die Rückfahrt dauerte nur 35 Minuten. Wir warfen östlich der Tower Bridge einen letzten Blick auf unser Wunsch-Penthouse und versuchten auszurechnen, wie schnell wir den Kaufpreis von läppischen £ 2,3 Millionen wohl zusammen bekämen...

Um Muschka einen genaueren Blick auf die Downing Street zu gewähren spazierten wir das Victoria Embankment zurück bis zur Horse Parade Avenue, die hoch nach Whitehall und zurück zur Downing Street. Ein Blick genügt und wir fuhren mit dem 12er zum Oxford Circus. Immer noch auf der Suche nach dem Buchbeitrag meines Kollegen Jan auf der Wunschliste liefen wir die Oxford Street westwärts bis BOOKSetc, gegenüber von Selfridges, und von da aus wieder zurück zu Borders, immerhin östlich vom Oxford Circus. Trotz der größenmäßigen Steigerung der von uns besuchten Buchläden wurde ich in keinem fündig. Etwas frustriert fuhren wir mit dem 12er zurück zur Bayswater Road und beendeten den Tag mit Fish & Chips und Cider im Swan.

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Am Donnerstag frühstückten wir erst um 9 Uhr.

Der Abwechslung halber fuhren wir mit dem 12er zum Oxford Circus und liefen von hier aus die Regent Street runter zum Piccadilly Circus. Unterwegs haben wir T-Shirts als Mitbringsel erstanden und entschieden uns spontan, doch mal Piccadilly (die Straße) abzugrasen. Und hier, gleich einer Offenbarung, ein Waterstone's. Eine Buchhandlung von solch unglaublichen Ausmaßen, dass ich Jans Buch einfach bekommen musste. Auch für mich fielen noch zwei Bücher ab, so dass ich den Laden mit einem sonnenhellen Strahlen verließ.

Noch einen weiteren Ausflug zum Trafalgar Square, dann fuhren wir erst einmal kurz zum Hotel. Teatime. Erfrischt und gestärkt fuhren wir mit dem 12er in ungewohnter Richtung nach Notting Hill Gate und stiegen hier in den 52er um, der uns erneut zu Sainsbury's brachte. Der erneute Beutezug vervollständigte unsere Vorräte und zufrieden fuhren wir mit dem 52er zurück.

Um noch ein wenig von London zu sehen blieben wir bis Victoria Station im Bus. Auf diesem Wege konnte Muschka auch mal Harrod's beleuchtet sehen. Von Victoria aus ging es mit dem 11er ein letztes Mal zur Westminster Bridge. Sieben Schläge von Big Ben zum Abschied und wir konnten mit dem 12er nach Hause, also zum Hotel fahren.

Beim Packen unseres diversen Gepäcks stellten wir fest, dass sich entweder diebische Zimmermädchen oder (wahrscheinlicher) diebische Tauben an unseren Käsevorräten auf dem Fensterbrett bedient hatten. Das Geheimnis konnte allerdings nicht ganz gelöst werden.

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Der Freitag wartete auch nicht gerade mit besonders gutem Wetter auf, so dass wir den nach dem Frühstück geplanten Parkspaziergang ersatzlos gestrichen haben. Stattdessen saßen wir im Hotelzimmer und begutachteten kopfschüttelnd die Berge an Taschen, die wir irgendwie zum Bus, vom Bus zum Schiff, vom Schiff zur Taxe und von der Taxe zum Bus schleppen mussten. Wir waren zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch in der irrigen Annahme, dass dies unserer Heimweg werden würde. Weit gefehlt.

Kurz nach 10 Uhr klingelte das Hoteltelefon. Die DFDS informierte uns darüber, dass die Admiral of Scandinavia wegen technischer Probleme ausgefallen sei und wir nach Hause fliegen werden. Tickets für unseren Lufthansa-Flug nach Hamburg um 15.05 Uhr lägen in Heathrow für uns bereit, wir sollten doch bitte mit der U-Bahn von Paddington nach Heathrow fahren.

Zum Glück hinterließ Nicole, so hieß die junge Dame, eine Rufnummer für eventuelle Rückfragen, denn nachdem wir den ersten Schock verdaut hatten betrachteten wir unser Gepäck und versuchten uns die U-Bahnfahrt vorzustellen. Ich rief also Nicole zurück und erklärte ihr, dass wir uns mit 4 großen Reisetaschen und vier Stücken Handgepäck nicht in der Lage sahen, mit der U-Bahn nach Heathrow zu fahren. Sie hatte dafür Verständnis und akzeptierte den Vorschlag, dass wir mit dem Taxi nach Paddington und von dort aus mit dem Heathrow-Express weiterfahren würden.

Nachdem das geklärt war fanden wir uns um 11 Uhr mit allem Gepäck vor dem Hotel wieder und winkten ein Taxi heran. Nachdem der Fahrer unsere Einzelteile und uns verstaut hatte, nannten wir ihm Paddington als Fahrziel. Paddington, ah ja. Sie wollen zum Heathrow-Express? Ah ja. Sie wissen, dass der bestreikt wird?

Wir hatten jeden Tag in den Nachrichten von den Bahnstreiks gehört, aber dass der Express auch davon betroffen war, wussten wir nicht.

Der Taxifahrer erklärte uns, dass der Zug durchaus noch in Paddington losfuhr, jedoch weit vor Heathrow anhielte und man dort in einen Schienenersatzverkehr, sprich Bus, umsteigen müsse. Dies bedeute eine nicht einschätzbare zeitliche Verzögerung, da nicht genügend Busse zur Verfügung stünden. Wann wir denn dort sein müssten. Gegen 13 Uhr. Das wird knapp.

Diese letzte Bemerkung gab den Ausschlag für eine Entscheidung, die wir, unser Gepäck umfangreich vor Augen, eigentlich schon bei den Worten "Umsteigen" und "Bus" getroffen hatte. Seinen Zusatz, dass die Fahrt im Taxi mit £ 45 bis £ 50 nicht unbedingt so viel mehr als die Bahntickets kosten würde, hatte schon keinen Einfluss mehr darauf.

Ich gestehe, ich wollte schon immer mit dem Taxi nach Heathrow fahren. Der Fahrer war noch so freundlich, unser Gepäck auf zwei Trolleys zu verteilen und stellte uns eine Quittung über die £ 42 aus, die die Fahrt letztendlich einschließlich Trinkgeld gekostet hatte. Es war kurz nach zwölf und wir hatten noch massenhaft Zeit.

Der Lufthansa-Schalter war nicht zu stark frequentiert, so dass wir bald unsere Tickets in den Händen hielten. Damit stellten wir uns die Schlange am Check-In-Schalter und fragten uns, wie die Lufthansa wohl auf unsere Gepäckberge reagieren würde.

Die Dame am Schalter reagierte nachsichtiger als erwartet und nach einer freundlichen Ermahnung, wir mögen beim nächsten Mal doch sicherstellen, dass wir die Fähre erreichten, erhielt ich die Quittung für unsere 56 kg (!) Gepäck.

Der Security-Check fischte mich und meine Handtasche zwar heraus, fand aber nichts außer Brötchen und anderem Kram. Wenigstens konnte ich mit dem Reiseproviant zur Belustigung des Personals beitragen

Wir fanden dann eine der dünn gesäten Raucherecken für Muschka und ich rannte alle zehn Minuten zur Anzeigentafel, um herauszufinden, von welchem Gate unser Flug starten sollte. Beim vierten oder fünften Erkundungsgang kam das, was nicht kommen durfte. Lufthansaflug XYZ um 15.05 Uhr nach Hamburg - CANCELLED.

Fassungslos trabte ich zurück, schnappte mir Muschka und versuchte zu erkunden, wie man aus dem Transitbereich wieder rauskommen könnte. Die Security wies uns zu Gate 11, da könne man durch die Arrival-Zone zurück. Da bekämen wir auch unser Gepäck. Das wollten wir eigentlich gar nicht so unbedingt zurück. Im Bereich Arrival fanden wir eine Dame vom Bodenpersonal, die auf unsere Erläuterungen verwundert mit "diese Maschine ist auch gestrichen?" reagierte. Unser Gepäck war nicht wieder ausgecheckt worden und wir sollten das beim Umbuchen einfach angeben. Wieder im Eingangsbereich fanden wir den Lufthansa-Schalter diesmal völlig überfüllt vor. Es stellte sich heraus, dass die andere gestrichene Maschine nach Düsseldorf fliegen sollte. Wir alle waren nun vereint in unserer Hoffnung auf einen anderen Flug.

Endlich an der Reihe stellte ich beglückt fest, dass mein Gegenüber "Holger" offensichtlich Deutscher war und ich den Beginn unserer Odyssee nicht erneut auf Englisch darbieten musste. Das erste Problem: es gab keine weitere Maschine nach Hamburg. Das zweite Problem: der mögliche Flug über Stuttgart nach Hamburg hatte sich erledigt, da die Stuttgarter Maschine ausgebucht war. Ich versuchte ihm daraufhin klar zu machen, dass uns ein Flug nach Hamburg nur dann etwas nützte, wenn er uns bis 20.00 Uhr dorthin bringen könnte, da wir noch weiter nach Berlin müssten. Das war das Stichwort.

Ob er uns denn direkt nach Berlin schicken könnte. Tipp tipp tipp. Wart. Tipp tipp tipp. Ja, über Frankfurt, das wird aber spät. Das war uns natürlich völlig egal. Also buchte er uns um. Als Belohnung für seinen Einsatz schob ich ihm unsere Gepäckabschnitte über den Counter und fragte, was den mit unserem Gepäck wäre. Oh, sagte er und schluckte nervös. Dann jedoch griff er beherzt zum Telefon, floskelte sich höflich bis zu unseren vier Taschen durch und ließ diese "umlabeln". Das Gepäck werde jetzt ganz bestimmt in die Richtige Maschine geladen und trage auch Berlin Tegel als Reiseziel, versicherte er uns. Während wir sein Telefonat abwarteten wurde für die Lufthansaflüge durchgegeben, dass für diese erst dann eingecheckt werden könnte, wenn sich die Maschinen tatsächlich auf dem Weg nach Heathrow befänden. Aufgrund der angespannten Wetterlage über dem Flugplatz starteten die Flugzeuge nämlich in Deutschland schon gar nicht. Also warteten wir. Irgendwann kam die Durchsage, dass nun die 17.10-Maschine nach Frankfurt sowie die Maschine nach München eingecheckt würden. Freudestrahlend stellten wir uns an und erfuhren, dass unser Flug erst um 18.10 ginge. Also weiter warten.

Zehn Minuten vor sechs begann doch tatsächlich der Check-In für unseren Flug. Dass wir statt Gepäck nur vier Gepäckscheine hatten und eigentlich für den Flug nach Hamburg gebucht gewesen waren, verunsicherte die freundliche Dame am Schalter doch etwas und sie verschwand kurzfristig. Wieder zurück ließ sie durchblicken, dass für sie eine Verladung unseres Gepäcks auf die richtige Maschine nicht vorstellbar sei, und sie begann zu telefonieren. Bevor sie Braatz buchstabieren konnte, hellte sich ihr Gesicht auf. Alles ok, versicherte sie uns und schickte uns weiter.

Security die zweite. Diesmal fischten sie uns beide raus und fanden bei mir ein Obstmesser (stumpf), ein Frühstücksmesser (stumpf) sowie eine Kuchengabel. Bei Muschka konfiszierten sie eine Nagelschere sowie eine Nagelfeile. Ich beschwere mich nicht, dass sie uns die Sachen abgenommen haben. Ich frage mich nur, warum das erst beim zweiten Mal passierte. Den Flug nach Hamburg hätten wir mit unseren "Waffen" locker entführen können.

Viertel nach sieben saßen wir tatsächlich im Flugzeug. Und saßen. Und saßen. Ungefähr um halb acht kam die Durchsage des Kapitäns, dass wir zwei Passagiere vermissten, die nicht aufgetaucht waren. Unglücklicherweise hatten wir deren Gepäck bereits an Bord, was nach den Sicherheitsbestimmungen nicht zulässig war. Das Bodenpersonal sei gerade dabei, das betreffende Gepäck wieder auszuladen und müsste damit in einer viertel Stunde fertig sein. Viertel vor acht ging ein Ruck durch die Maschine, die Motoren liefen. Um acht befanden wir uns auf der Startbahn. Der Kapitän informierte uns, dass unser Flug planmäßig eine Stunde und zehn Minuten dauern würde. Das bedeutete, planmäßige Ankunft in Frankfurt war 21 Uhr 10. Englischer Zeit. 22 Uhr 10 Deutscher Zeit. Um 21 Uhr 50 Deutscher Zeit würde die Maschine nach Berlin starten. Höchstwahrscheinlich ohne uns.

Wir fragten die Stewardess beim Austeilen der Getränke, ob wir noch eine Chance hätten, den Flug nach Berlin zu erreichen. Das hoffe, antwortete sie uns, denn sie wolle die Maschine selbst erwischen.

Nicht übermäßig beruhigt aber unfähig, das Geschehen zu beeinflussen, lehnten wir uns zurück und genossen den Flug.

Tatsächlich erreichten wird pünktlich um 22 Uhr 10 Frankfurt. Tatsächlich war die Maschine nach Berlin noch da. Leider war das Boarding beendet und das Gate geschlossen. Wir reihten uns also an den Lufthansa-Schaltern in die Schlangen derer ein, die noch auf Weiterflüge nach Shanghai, Los Angeles und Perth hofften.

Uns blieb nichts anderes übrig, als auf Kosten der Lufthansa im Steigenberger Airport zu übernachten und den ersten Flug nach Berlin um 6 Uhr fünfzig zu nehmen. Nach kurzer Diskussion und auf Anraten der Lufthansa-Angestellten ließen wir unser Gepäck eingecheckt und machten uns nur mit unserem Handgepäck auf die Suche nach dem Ausgang A1.

Zum Glück ist der Flughafen Frankfurt an Übersichtlichkeit kaum zu überbieten und praktisch bar jedes sinnvollen Hinweisschildes, so dass uns erst nach einer halben Stunde die Auffindung der Haltestelle des Zubringerbusses gelang.

Endlich im Hotel fanden wir zwar ein komfortables Zimmer vor, jedoch keine Hilfe in Bezug auf die notwendigsten Toilettenartikel. Meiner Frage nach einem Deo jedenfalls war an der Rezeption eine derartige Fassungslosigkeit beschieden, dass ich das Gefühl hatte, nach einer siebenschwänzigen Peitsche gefragt zu haben. Obwohl, bei der Frequentierung durch Geschäftsreisende hätten sie die wahrscheinlich gehabt.

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Um fünf Uhr hieß es wieder raus aus den Federn, duschen, die Klamotten vom Vortag wieder anziehen und ab zum 5-Uhr-45-Zubringerbus. Ab sechs Uhr hätte es Frühstück gegeben, das war im Preis inbegriffen.

Stattdessen saßen wir ab 6 Uhr 10 am Gate, konnten die Maschine pünktlich besteigen und waren tatsächlich um kurz vor acht in Berlin.

Wir waren da. Unsere Koffer nicht.

Unsere Nachfrage bei der Lufthansa ergab, dass das Gepäck immerhin in Frankfurt geortet werden konnte. Wir würden es im Laufe des Nachmittags erhalten.

Nun, zwei Taschen kamen tatsächlich am Samstagnachmittag. Die dritte am Sonntagabend. Die letzte, nun ja, die letzte scheint es sich anders überlegt und den Flieger nach Perth oder sonst wohin genommen zu haben. Bei uns ist sie jedenfalls nicht wieder aufgetaucht.

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© 2011 Anja Braatz